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BESTATTERINNUNG SAARLAND

Covid-19 als Berufskrankheit bei Bestattern

Die Bestatter ringen bundesweit um ihre rechtsverbindliche Bestätigung als Teil der kritischen Infrastruktur bzw. als besonders gefährdete Personengruppe. Zum einen geht es dabei um die Impfpriorität, zum anderen um die eventuelle Anerkennung einer Coronainfektion als Berufskrankheit. BestatterDeutschland hat hierzu ein Gespräch geführt mit dem Arbeitsmediziner Doktor Volker Christmann vom Werksarztzentrum Saar.

 

Herr Doktor Christmann, wird eine Covid-19-Infektion als Berufskrankheit anerkannt?

Grundsätzlich ist es möglich, dass eine Erkrankung an Covid-19 die Voraussetzungen für die Anerkennung als Berufskrankheit erfüllt. Dies ist namentlich der Fall bei Beschäftigten in medizinischen Einrichtungen.

 

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Natürlich muss überhaupt erst einmal eine Infektion vorliegen, d.h., es muss relevante Krankheitserscheinungen geben und durch ein PCR-Test der Virus nachgewiesen sein. Und es muss ein kausaler Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit bestehen: Die Infektion muss aus der beruflichen Tätigkeit resultieren, weil der Versicherte Kontakt mit Covid-19-infizierten Personen hatte. Dabei sind natürlich die konkurrierenden Ansteckungsmöglichkeiten im privaten Bereich zu beachten.

 

Was bedeutet das konkret für einen erkrankten Bestatter?

In Betracht kommt meines Erachtens insbesondere die Konstellation, dass eine Corona-Infektion die Folge eines Arbeitsunfalles sein könnte. Wenn es beim Bestatter nach einer Versorgung eines Covid-19-Verstorbenen innerhalb der Inkubationszeit zu einer Corona-Infektion kommt, könnte man dies zum Anlass nehmen, im Zuge der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein Ankreuzen im Feld Unfallfolge zu erreichen.

 

Welche Folgen hätte dies?

Nun - die zuständige Berufsgenossenschaft wäre dann spätestens ab der siebten Woche mit der Entgeltfortzahlung im Boot und müsste gegebenenfalls schon früher die Kosten einer stationären Behandlung übernehmen und bei schwerwiegenden Verläufen oder Langzeitfolgen eine Unfallrente zahlen. Damit das aber auch ein Unfall war, müsste man darlegen, dass es bei der Versorgung eines Covid-19-Verstorbenen zu einem plötzlichen Ereignis kam und man infektiöser Rest-Atemluft oder anderen Körperflüssigkeiten ausgesetzt war.

 

Spielt es eine Rolle, wenn kein ausreichender Eigenschutz betrieben wurde?

Grundsätzlich gilt, dass für den Versicherungsschutz allein entscheidend ist, dass die Berufskrankheit oder Unfallfolge durch die Tätigkeit verursacht wurde. Wenn der Arbeitgeber keine Schutzkleidung und ähnliches zur Verfügung stellt, kann es allerdings zu einem Regress durch die Berufsgenossenschaft beim Arbeitgeber kommen. Deshalb ist es wichtig für den Bestatter als Arbeitgeber, die Mitarbeiter in den Umgang mit Covid-19-Verstorbenen einzuweisen und alle erforderlichen Schutzmaßnahmen anzubieten. Trotzdem kann es zu Infektionen kommen, wie gerade die Beispiele aus Kliniken zeigen.

 

Wie schätzen Sie die Infektionsrisiken für Bestatter an sich ein?

Momentan ist mir kein belastbares Zahlenmaterial im Vergleich von Bestattern zur Normalbevölkerung oder im Vergleich zu Pflegekräften bekannt. Hier muss man die Erfahrungen abwarten. Dabei muss man bedenken, dass wir diese Ausnahmesituation erst seit einem Jahr haben. Aus meiner Erfahrung mit dem Bestattungsgewerbe als Arbeitsmediziner würde ich jedenfalls durchaus ein höheres Infektionsrisiko als bei der Durchschnittsbevölkerung sehen.

Vielen Dank für das Gespräch.