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BESTATTERINNUNG SAARLAND

Bestatter hat Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen erstrangig Bestattungspflichtigen

BGH, Urteil vom 17. November 2011 - III ZR 53/11

a) Nimmt ein Bestattungsunternehmer die Beerdigung eines Verstorbenen ohne Auftrag vor, weil sich niemand der nächsten Angehörigen des Hinterbliebenen bereitgefunden hat, für die Bestattung zu sorgen, so kommt ein Aufwendungsersatzanspruch des Unternehmers nach §§ 670, 677, 679, 683 BGB gegen die Person in Betracht, die nach Maßgabe des jeweils anwendbaren (Landes-)Bestattungsgesetzes (vorrangig) bestattungspflichtig ist (hier: die Ehefrau des Verstorbenen gemäß § 2 Nr. 12, § 13 Abs. 2 Satz 1 BestattG Schl.-H.). 

b) Der entgegenstehende Wille des bestattungspflichtigen Ehegatten steht seiner Inanspruchnahme im Hinblick auf die Möglichkeit, vom zuständigen Sozialhilfeträger gemäß § 74 SGB XII Übernahme der Beerdigungskosten zu erlangen, grundsätzlich auch dann nicht entgegen, wenn der Ehegatte nicht leistungsfähig ist und die familiären Beziehungen zerrüttet sind.

c) Der Aufwendungsersatzanspruch ist in einem solchen Fall der Höhe nach begrenzt auf den nach § 74 SGB XII übernahmefähigen Betrag (Kosten einer einfachen Beerdigung).

BGH, Urteil vom 17. November 2011 - III ZR 53/11 – vorhergehend LG Flensburg und AG Husum

Ein Bestattungsunternehmen verlangt von der getrennt lebenden Ehefrau eines Verstorbenen die Kosten für dessen Beisetzung. Weder die Ehefrau noch die Töchter waren gegenüber dem Bestattungsunternehmer bereit, die anfallenden Kosten zu übernehmen. Dennoch führte das Bestattungsunternehmen die Bestattung aus und stellte der Ehefrau die Kosten in Rechnung. Die Kostenübernahme durch das Sozialamt auf Antrag der Ehefrau wurde zunächst abgelehnt. Ein beim Sozialgericht angestrengtes Verfahren ist bis zur Entscheidung des Zivilrechtstreites ausgesetzt.

Das Bestattungsunternehmen hat einen Anspruch auf Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Das Bestattungsunternehmen hat ein objektiv fremdes Geschäft ausgeführt und zwar für die nach öffentlich rechtlichem Bestattungsrecht vorrangig bestattungspflichtige Ehefrau. Der Bundesgerichtshof stellt in diesem Zusammenhang klar, dass insoweit die Kostragungspflicht des Erben gemäß § 1968 BGB keine Rolle spielt. Das Bestattungsunternehmen hat sich auch nicht eigenmächtig behördliche Kompetenzen angemaßt, indem es eine Ersatzvornahme durch die letztlich auch bestattungspflichtige Gemeinde vorwegnahm. Nach dem hier einschlägigen schleswig-holsteinischen Bestattungsgesetz hat die Gemeinde erst und nur dann für die Beerdigung zu sorgen, wenn kein anderer die Bestattung veranlasst. Sie ist also lediglich subsidiär verpflichtet. Das Bestattungsunternehmen hat subjektiv nicht nur ein eigenes, sondern auch ein fremdes Geschäft geführt, denn es hat die öffentlich rechtlich begründete Bestattungspflicht der Ehefrau erfüllt.

Unbeachtet bleibt der ausdrücklich erklärte Wille der Ehefrau, die Beerdigungskosten nicht zu übernehmen. Dies ist gemäß § 679 ohne Bedeutung, da an der Einhaltung der gesetzlichen Bestattungsfrist ein öffentliches Interesse bestand.

Die Inanspruchnahme der Ehefrau ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Wäre das Bestattungsunternehmen nicht tätig geworden als Geschäftsführer ohne Auftrag, hätte die Gemeinde im Wege der Ersatzvornahme die Bestattung vornehmen lassen und anschließend wegen der Bestattungskosten gegen die Beklagte als erstrangig Bestattungspflichtige einen Leistungsbescheid erlassen.

Interessante Ausführungen enthält die Entscheidung des BGH auch zu den Anspruchsvoraussetzungen des § 74 SGB XII. Für den BGH steht außer Zweifel, dass die Ehefrau einen Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten durch das Sozialamt hat. Insbesondere ist es den obersten deutschen Zivilrichtern nicht ersichtlich, dass der Ehefrau die Kostenübernahme zumutbar sei, wenn zwei Töchter aus erster Ehe des Verstorbenen vorhanden sind und die Ehefrau eventuell Ausgleichsansprüche gegen die Töchter hat. Allerdings kann der Bestattungsunternehmer unter der ihm bekannten Vermögenskonstellation nur die übliche Vergütung für eine Sozialbestattung als Aufwendungsersatz verlangen. Demzufolge hat der BGH schließlich dem entsprechenden Klageantrag des Bestattungsunternehmens in voller Höhe stattgegeben.